(* 10. Oktober 1861 in Store Frøen bei Christiania (Oslo); † 13. Mai 1930 in Lysaker bei Oslo) war ein norwegischer Zoologe, Polarforscher, Philanthrop und internationaler Staatsmann. Aufgrund seiner Verdienste um die internationale Flüchtlingshilfe erhielt er 1922 den Friedensnobelpreis.

Frühe Jahre

Fridtjof Nansen wurde als Sohn eines Rechtsanwalts geboren. Der Vater gab ihm Pflichtgefühl und moralische Grundsätze auf den Lebensweg, die Mutter, sportlich begeistert, leitete ihre Kinder zu körperlicher Ertüchtigung an. Fridtjof wurde sehr kräftig und war in der Lage, an einem Tag auf Skiern 50 Meilen zurückzulegen. Er besuchte die Schule in Christiania und interessierte sich dort vor allem für die Naturwissenschaften. Nach seinem Abschluss wollte er Marineoffizier werden, entschied sich jedoch auf den Rat seines Vaters für ein Studium der Zoologie. Er studierte von 1880 bis 1881 an der Universität von Christiania und machte 1882 mit dem Seehundfänger Viking seine erste Reise in grönländische Gewässer auf Anraten seines Professors.Nach seinem Studium wurde er Kustos am Zoologischen Museum in Bergen und erforschte hier den Aufbau des Nervensystems verschiedener wirbelloser Tiere. Aus dieser Forschung resultierte die Veröffentlichung Struktur und Verbindung der histologischen Elemente des zentralen Nervensystems; 1888 verteidigte er sie als seine Dissertation.

 

Durchquerung Grönlands 1888

Nach einem vorübergehenden Aufenthalt an der zoologischen Station in Neapel fasste er den Plan einer Durchquerung des grönländischen Inlandeises auf Skiern vom unbesiedelten Osten nach Westen. Damit wollte er bewusst sämtliche Rückzugsmöglichkeiten abschneiden. Er brach im Mai 1888 mit fünf Begleitern zu dieser Expedition auf, die teils von ihm selbst, teils vom Kopenhagener Kaufmann Gamel finanziert wurde. Nach einigen Irrfahrten an der vom Eis versperrten Ostküste Grönlands begann Nansen am 15. August am Gyldenløve-Fjord mit seinen Begleitern die Durchquerung, die zwei Monate später bei Godthaab an der Westküste der Insel endete. Dabei legte die Expedition etwa 560 km zurück und gelangte zwischenzeitlich bis auf mehr als 2.700 m Höhe. Nachdem sie in Godthaab überwintert hatten (wo er die Gelegenheit nutzte, die Lebensweise der Eskimos zu studieren), kehrten im Frühjahr 1889 alle Teilnehmer wohlbehalten nach Europa zurück.
Mit seiner Expedition konnte Nansen nachweisen, dass das gesamte innere Grönland von Schnee und Eis bedeckt ist. Hinzu kamen neue Erkenntnisse und Beobachtungen zur Geographie und vor allem zur Ausdehnung und Bewegung der Gletscher Grönlands, mit denen er die moderne Gletscherforschung begründete. Seine Messungen trugen auch zum besseren Verständnis der meteorologischen Verhältnisse und zur Wetterentstehung in Europa und im nördlichen Atlantik bei.

 

Expedition mit der Fram 1893-96

Wenige Jahre nach dem Scheitern der US-amerikanischen „Jeannette“-Expedition (nördlich der neusibirischen Inseln) waren Reste des Expeditionsschiffes „Jeannette“ bei der grönländischen Küste aufgetaucht. Aus dieser Tatsache und der Beobachtung, dass immer wieder bei Grönland Treibholz von sibirischen (bzw. nordamerikanischen) Baumstämmen gefunden wurde, schloss man, dass es eine Strömung quer durch das Nordpolarmeer geben müsse.
Nansen wiederum beschloss, diese Strömung zu nutzen, um mit einem Schiff das Polarmeer zu durchqueren und auf diese Weise zu erforschen und auch den Nordpol zu erreichen.

Trotz sehr kritischer Stimmen aus der Fachwelt gelang es ihm, die Finanzierung durch öffentliche Mittel und Spendenaufrufe zu sichern.
Im Juni 1893 segelte Nansen mit dem nach eigenen Anforderungen konstruierten Schiff Fram und zwölf Begleitern in die Arktis. Das Schiff wurde bei den neusibirischen Inseln absichtlich im Packeis eingefroren und mit diesem nordwärts treiben gelassen. Als es offensichtlich wurde, dass man mit der Fram den Nordpol nicht erreichen würde, brach Nansen, begleitet von Hjalmar Johansen, im März 1895 mit drei Schlitten, 28 Hunden und zwei Kajaks zu Fuß in Richtung Norden auf. Dies war ein sehr gewagtes Unternehmen, denn sie konnten nicht erwarten, nach der Rückkehr vom Nordpol das Schiff wieder zu treffen; stattdessen planten sie von vornherein, mehr als 500 Meilen über das Packeis bis zum nächsten bekannten festen Land zurückzulegen. Sie erreichten den Nordpol nicht und mussten bei 86° 4' nördlicher Breite (nicht 14', wie Nansen zunächst ermittelt hatte) den Rückweg antreten. Nachdem die zwei Männer im Juni 1895 mit den Kajaks größere Wasserflächen überwunden hatten, erreichten sie einige Inseln, die zu dem bis dahin praktisch unbekannten Franz Joseph Land gehörten. Dort wurden sie durch die Witterung gezwungen zu überwintern und überlebten unter primitivsten Bedingungen bei Walross- und Eisbärenfleisch. Im Mai 1896 machten sie sich auf den Weg in Richtung Spitzbergen, stießen jedoch im Juni 1896 an der Südküste von Franz Josef Land auf die britische Expedition von Frederick George Jackson. Auf dessen Schiff „Windward“ erreichten sie am 13. August 1896 Vardø.
Nach ihrer Befreiung aus dem Packeis im August 1896 kam die „Fram“ mit der Restmannschaft wohlbehalten bei Tromsø an. Durch diese Expedition bewies Nansen das Vorhandensein einer ostwestlichen Polarströmung. Zugleich konnte er nachweisen, dass es sich bei dem Polarmeer unterhalb der Innerarktis nicht – wie bisher angenommen – um ein Flachmeer mit Inseln, sondern um ein Tiefseebecken von mehr als 3.500 Metern Tiefe handelt.

 

Professur

Nansen wurde aufgrund seiner Polarforschungsergebnisse 1897 zum außerordentlichen Professor für Zoologie an der Universität von Christiania berufen. 1900 nahm er noch einmal an einer Tiefseeexpedition mit Johan Hjort teil. In der Folge konzentrierte er sich auf die Verbesserung und Etablierung der internationalen Zusammenarbeit und war 1902 Mitbegründer des Internationalen Rates für Meeresforschung.

Da sich sein Forschungsschwerpunkt verlagert hatte, wurde 1908 seine Professur umgewandelt in eine für Ozeanographie. 1910 bis 1914 unternahm er Expeditionen in den Nordatlantik (auf dem Schiff „Fridtjof“), erneut ins Nordpolarmeer sowie nach Sibirien.